Franz Braun
2010 wurde Franz Braun in die Klasse von Johanna Kandl (Abt. Malerei) aufgenommen und diplomierte im Sommer 2014 bei Gerhard
                                             Müller. Für sein Diplomprojekt „Diamat“ erhielt Franz Braun den Würdigungspreis des Bundesministeriums für Wissenschaft und
                                             Forschung.
Im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit stehen der Mensch und dessen realistische Darstellung. Es geht um Verletzlichkeit,
                                             Ohnmacht, Macht und Würde. Seit 2015 bringt er ein Faltblatt mit künstlerischem und kunstkritischem Inhalt heraus.
Portraitfoto rechts
Am Arbeitsplatz mit Buch über Selbstdarstellungen von Gustav
Courbet; © 2020, Franz Braun
Es kann nach dem Kunststudium sehr schwierig sein, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden und mit geeignet meine ich, damit
                                             zufrieden zu sein. Während des Studiums ist es einfach. Da ist ein ganzes Stockwerk nur darauf ausgerichtet, dort etwa zu
                                             malen. Staffelei, Tisch, Sessel, Licht, für alles wird gesorgt. Es darf alles schmutzig werden, Geruchsbelästigung ist o.k.
                                             und der Austausch über die eigene künstlerische Arbeit mit Kolleginnen und Kollegen läuft quasi automatisch. Der Lauf des
                                             Studiums drängt eine ganz bestimmte Vorstellung eines Ateliers auf, der man nach dem Studium versucht, gerecht zu werden.
                                             Man ignoriert oft die eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten und konzentriert sich mehr auf das, wie ein Atelier zu sein hat
                                             oder welche Voraussetzungen es erfüllen muss, vorgelebt – oder zumindest so inszeniert – von unseren großen Vorbildern aus
                                             der Kunstgeschichte.
                                       
                                       
An der Staffelei mit Farbpalette und Pinsel vor „Selbstbildnis nach
Courbet“;© 2020, Franz Braun
Ich wechselte in den vergangenen sechs Jahren meinen Arbeitsplatz oft. Feuchte Keller, Abstellräume, Balkone, unheizbare Werkstätten
                                             und durch hohe Miete finanziell belastende Büroräume wechselten regelmäßig mit dem Arbeitsplatz zu Hause. Nach dem letzten
                                             Arbeitsplatz in einem Abstellraum eines Bekannten landete ich jetzt wieder zu Hause. Die drei Zimmer Wohnung teile ich mit
                                             meiner Frau und meinem 21 Monate alten Sohn. Die Einteilung der Wohnung, so dass es für alle in ihr Wohnenden passt, das kann
                                             schon eine Herausforderung sein. Aber darüber, dass es einen separaten Arbeitsraum braucht, waren wir uns schnell einig. Wegen
                                             den Terpentindämpfen, die meine Ölmalerei mit sich bringt, wegen den anderen eher gefährlichen Gegenständen für so ein kleines
                                             Kind, wie wir es haben und außerdem können Arbeitsutensilien einfach liegengelassen werden und brauchen nicht nach jedem Arbeitsgang
                                             wieder verstaut werden. Aber der wichtigste Vorteil eines abgetrennten Arbeitszimmers ist für mich die Ruhe, die ich brauche,
                                             um mich konzentrieren zu können.
                                       
                                       
Am Arbeitsplatz mit Bildern; © 2020, Franz Braun
Platz brauche ich nicht viel. Zumindest nicht unbedingt. Mein momentaner Arbeitsplatz zu Hause erstreckt sich auf 4m2. Dazu
                                             kommt noch Stauraum, den ich mit meiner Frau, die ebenfalls künstlerisch arbeitet, teile. Aber im Wesentlichen spielt sich
                                             alles auf den ca. zwei mal zwei Metern ab. Da steht eine Staffelei, ein kleiner Tisch mit Schubladen, ein weiterer Schubladenschrank
                                             (Überbleibsel eines ausrangierten Schreibtisches) und ein kleiner Schreibtisch aus Metall, den man bei Bedarf zusammenklappen
                                             und auf die Seite stellen kann. Den Parkettboden schützt ein Flickenteppich vor heruntertropfender Farbe, Harz und Terpentinspritzern.
                                             An der Wand hängen Malerhose, Malerhemd, von mir gemalte Bilder, die noch nicht bereit sind, im Stauraum zu verschwinden.
                                             Ach, ja. Und Pflanzen umrunden meinen Arbeitsplatz sozusagen.
                                       
                                       
Arbeitsutensilien; © 2020, Franz Braun
In der Ecke stehen gesammelte Holzplatten, die vielleicht irgendwann zum Bildträger werden. In und auf dem kleinen Schubladenbeistelltisch
                                             befinden sich unterschiedliche Materialien. Verschiedenste Pinsel (vorwiegend sehr dünne Pinsel zum Malen mit Öl und Aquarell;
                                             grobe, breite zum Isolieren der Holzplatten und Firnissen der fertigen Bilder), einige Tuben Ölfarbe in den Ausführungen Kobaltblau,
                                             Kadmiumrot und -gelb, Zink- und Titanweiß, Gläser und Dosen unterschiedlicher Größe und Inhalt (Leinöl, Balsamterpentinöl,
                                             Dammarharz (gelöst und ungelöst) und Mischungen dieser Inhalte zu Malmitteln für die einzelnen Arbeitsschritte, sprich die
                                             übereinander gelegten Malschichten und ein Glas mit Terpentinresten zum provisorischen Reinigen der Pinsel. Dazu kommen noch
                                             leere Gläser, Pinselseife, Strümpfe, Malfetzen, Löffel, eine Schreibtischlampe mit einer eingeschraubten Tageslicht-Birne
                                             und Kurt Wehltes „Werkstoffe und Techniken der Malerei“.
                                       
                                       
Platz am Fenster, rauchend; © 2020 Franz Braun
Der Blick aus dem Fenster ist ein idyllischer. Sicher hatte ich noch nie so einen Ausblick. Rundherum ist es stark begrünt,
                                             ich sehe vorwiegend die Kronen der Bäume die hinter dem Haus stehen. Weiter weg noch mehr Bäume und hinter diesen Bäumen eine
                                             Kirche. Ganz in der Ferne der Wienerwald. Dann erinnern mich die dicht gebauten Siedlungen, die Wohnbatterien von Alt Erlaa
                                             und die einfahrende U6 daran, dass ich doch mitten in der Stadt lebe und arbeite. Bei offenem Fenster genieße ich die Geräusche
                                             der Kinder aus dem Kindergarten fast direkt unterm Fenster. Meistens läuft aber das alte Radio meiner verstorbenen Oma, die
                                             ich nicht nur einmal gemalt habe. 2017 widmete ich ihr ein Blumenstillleben.
                                       
                                       
Pirol-Ausgaben; © 2020, Franz Braun
Oft genug sitze ich nicht vor der Staffelei sondern am Klapptisch vor dem PC. Neben dem täglichen e-mail Verkehr und den ständigen
                                             Bemühungen um Kunstpreise und -stipendien, benutze ich dieses Werkzeug für die Herausgabe eines Faltblattes mit künstlerischem
                                             und kunstkritischem Inhalt. Zwei Mal im Jahr werden Beiträge in den Bereichen Bildende Kunst und Literatur zusammengetragen
                                             und in einer Ausgabe Pirol veröffentlicht. Mittlerweile gibt es 11 Ausgaben plus 2 Sonderausgaben. Letztere erscheinen jeweils
                                             zu einer Gruppenausstellung, die aus Positionen Kunstschaffender zusammengesetzt sind, die in Pirol veröffentlicht wurden
                                             und/oder werden. Das Faltblatt gibt es nur gedruckt und findet sich mit etwas Glück in unterschiedlichen Lokalitäten in Wien,
                                             München, Kassel, Berlin und anderswo. Pirol versteht sich als Ermöglichung vorurteilsfreiem Ausstellens individuell aus freiem
                                             Geisteswillen erzeugter Kunst, als Gegenvorschlag zu Markt orientiert selektiven Kunstausstellungen.
All Photos (c) Franz Braun