Die Kulturpolitik der letzten 50 Jahre repräsentiert
eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Mit seiner zunehmenden Ausdifferenzierung ihrer Förderprogramme konnte auch im Kulturbereich
dem Anspruch einer Wachstumsgesellschaft entsprochen werden. Mit den aktuellen mannigfachen Krisenerscheinungen kommt die
Erzählung eines ständig wachsenden Kulturbetriebs an ihr Ende. Umso deutlicher tritt die Notwendigkeit einer Neuausrichtung
in den Vordergrund.
Viel spricht für einen strukturellen Neubeginn einer Kulturpolitik, die darauf setzt, den Kulturbetrieb
wieder ins Zentrum des Geschehens zu rücken. Eine solche kann sich nicht darauf beschränken, Schlimmeres zu verhindern, sondern
stellt den Anspruch – gegen den herrschenden Trend grassierender Fortschrittsermüdung – mit Schwerpunktsetzungen überzeugende
Wege in eine bessere Zukunft zu weisen.
Manche Bestandteile einer Zukunftsorientierung lassen sich bereits jetzt an der
zunehmenden Einbeziehung neuer, scheinbar außerkünstlerischer Kriterien in die genuin künstlerische Qualitätsdiskussion erkennen.
Diese reichen von Aspekten der Nachhaltigkeit, Ressourcennutzung, Innovationskraft, Stadtentwicklung inklusive der Berücksichtigung
sozialer Vielfalt bis hin zu neuen Beschäftigungsformen inklusive einer gerechteren Entlohnung der im Kulturbetrieb Tätigen.
Der strategische RahmenIn vielen Gebietskörperschaften ist die Kulturpolitik dabei,
sich strategisch neu aufzustellen, ihre Ziele neu zu definieren und geeignete Maßnahmen zu ihrer Umsetzung zu verhandeln.
Dazu hat in den letzten Jahren eine breitere Bewegung der Kulturentwicklungsplanung eingesetzt. Selbst die großen politischen
Gebietskörperschaften wie die Stadt Wien und der Bund haben sich vorgenommen, Kulturpolitik künftig stärker strategisch und
entlang nachvollziehbarer Schwerpunktsetzungen auszurichten. Sie können sich auf einige exemplarische Versuche auf lokaler
und regionaler Ebene beziehen, die zum Teil zu beträchtlichen Veränderungen des Standings des Kulturbetriebs geführt haben.
Die Veranstaltung möchte diese Entwicklung kritisch kommentieren und vor allem der Frage nachgehen, was diese strategische
Ausrichtung für die Weiterentwicklung, ganz konkret für die Teilnehmer*innen des Symposiums bedeutet, in welcher Weise sie
an diesem Prozess mitwirken können und auf was sie sich werden einstellen müssen.
Dies betrifft ebenso die besondere
Bedeutung von Strategie im Kulturbereich, beinhaltet die Machtfrage, fragt nach den Zuständigkeiten, aber auch Möglichkeiten
der Beteiligung und nach den zu erwartenden Wirkungen auf den Kulturbetrieb und den in ihm Tätigen.
Der
Kulturbetrieb als Öffentlichkeit in einer diversen GesellschaftEin zweites großes Thema der Veranstaltung
ist die Frage nach kulturellen Öffentlichkeiten. Diese verweisen auf die zunehmende Diversifizierung der Gesellschaft, die
zu einer kulturpolitisch kaum mehr überblickbaren Vielfalt kultureller Ausdrucksformen geführt hat.
Immer weniger kann
der Kulturbetrieb auf ein verlässliches Stammpublikum zählen. Stattdessen gilt es, sich innerhalb der jeweiligen Community
neu zu positionieren und als Ort des Austausches zu fungieren. Der Kulturbetrieb beschränkt sich dabei nicht mehr auf eine
repräsentative Funktion; er wird zu einem Facilitator von Community Building.
Der Bedarf, künftig stärker zusammenzuwirken,
gilt nicht nur innerhalb des eigenen Sektors. Er gilt im Zusammenwirken mit Vertreter*innen benachbarter Politikfelder, um
so eine neue Verankerung bzw. Relevanz des Kulturbereichs zu ermöglichen.
Strategisches Ziel könnte es sein, das Zusammenwirken
mit anderen gesellschaftlichen Akteur*innen und die Interaktion verschiedener sozialer Gruppen zu ermöglichen und damit eine
Neupositionierung des Kulturbetriebs als relevanten Faktor bei der Gestaltung einer „anderen Zukunft“ zu versuchen.
Programm9:30 – 10:00
Begrüßung
Gerald Bast/ Rektor der Universität für angewandte
Kunst
Michael Wimmer/ Kulturpolitikforscher
10:00 – 10:15
Einführung
Anke Schad-Spindler/
Kulturpolitikforscherin: Kulturpolitische Strategie und neue Öffentlichkeiten
10:15 – 11:00
Streitverkündigungen
Milica Tomic/Künstlerin
Ernst Schmiederer/Blinklicht Media Lab
Heidrun Primas/Kulturarbeiterin
Zehra Baraçkılıç/Medienkünstlerin
Uwe Mattheiß/Theaterjournalist
11:00 – 11:30
Pause
11:30 – 13:00
Fish Bowl –
Plenum
Alle reden mit! – Kulturpolitische Strategien als Antwort für, von und mit dem Kulturbetrieb auf eine veränderte
Welt
13:00 – 14:00
Mittagspause
14:00 – 14:15
Buchpräsentation Anke Schad und
Stefanie Fridrik „Konfliktuelle Kulturpolitik“
14:15 – 14:30
Impuls: Björn Johannsen/Agentur Fishberg: Strategie
und Kultur
14:30 – 16:30
Arbeitsgruppen
- Relevanz: Was heißt eigentlich Kulturstrategie? Und was
heißt das für die Gesellschaft? Moderation Aron Weigl
- Macht: Wer ist zuständig für die kulturpolitische Strategieenwicklung?
Wer setzt sie durch? Moderation Anke Schad
- Wirkung: Wie verändert die Durchsetzung von Strategien den Kulturbetrieb?
Moderation Astrid Kury
- Beteiligung: Wer redet mit? Moderation Ivana Pilić
16:30 – 17:00
Pause
17:00 – 19:00
Abschlussdiskussion „Eine andere Kulturpolitik ist möglich“
Die vier Berichterstatter*innen
aus den Arbeitsgruppen
Christian Kircher/Geschäftsführer der Bundestheater-Holding GmbH
Sybille Linke/Leiterin des
Kulturamtes Frankfurt am Main
Yvonne Gimpel/Geschäftsführerin der IG Kultur
Veronika Kaup-Hasler/Kulturstadträtin
Wien (angefragt)
Günther Riegler/Kulturstadtrat Graz (angefragt)
Gerald Bast/Rektor der Angewandten
Moderation:
Michael Wimmer/Kulturpolitikforscher
Koordinationsteam und ModerationAstrid Kury/ Akademie
Graz
Ivana Pilić/ D/Arts
Anke Schad-Spindler/ Kulturpolitikforscherin
Aron Weigl/ EDUCULT
Konzeption
und Gesamtmoderation der Veranstaltung
Michael Wimmer Die plenaren Teile der Veranstaltungen
werden auch gestreamt und können nachgesehen werden.