Gewalt ist kein Randphänomen

#MeToo Kunst: Nähe, Vertrauen – und Verantwortung! Gemeinsam für sichere Kunstuniversitäten

25. November 2025
Gewalt an Frauen und geschlechtsspezifische Gewalt sind gesellschaftliche Realitäten, die weltweit und mitten in unserem Alltag stattfinden. Trotz politischer Bemühungen und wachsender öffentlicher Sensibilisierung zeigen aktuelle Entwicklungen, dass geschlechtsspezifische Gewalt weiterhin tief in sozialen Strukturen verankert ist. Umso wichtiger sind Initiativen, die Betroffene stärken und institutionelle Verantwortung einfordern, um weiter wirkungsvolle Maßnahmen zu erzielen.
In diesem Kontext setzt die Universität für angewandte Kunst Wien auch dieses Jahr ein deutliches Zeichen und beteiligt sich aktiv an internationalen Kampagnen wie Orange the World und Kooperationen, die aufklären, sichtbar machen und Veränderung anstoßen.

„Orange the World erinnert uns daran, dass Gewalt dann entstehen kann, wenn Grenzen unklar werden – und Veränderung beginnt, wenn Institutionen Verantwortung übernehmen. Die Universität für angewandte Kunst Wien bekennt sich zu dieser Verantwortung – als Ort eines respektvollen und aufmerksamen Miteinanders.“, so Brigitte Felderer, Vizerektorin für Studium, Lehre und Diversität, zum Thema. 
Als Teil der Kooperation „#MeToo Kunst: Genderbasierte Gewalt und Machtverhältnisse an Kunsthochschulen“[1] beteiligt sich die Angewandte an einer Reihe von Veranstaltungen, die das Thema mit Rücksichtnahme auf die spezifischen Bedingungen künstlerischer Lehre beleuchten.
Zum Auftakt fand am 5. November 2025 der Eröffnungsvortrag von Dr.in Anke Lipinsky, Senior Researcher im GESIS - Leibniz Institut für Sozialwissenschaften sowie leitende Forscherin im europäischen Projekt UniSAFE, statt. Lipinsky präsentierte die zentralen Ergebnisse der UniSAFE-Studie, die geschlechtsbezogene Gewalt im europäischen Hochschulkontext untersucht – Resultate, die für alle Universitäten von Relevanz sind, die Studie bezieht auch eine Kunstuniversität mit ein.

Gewalt ist kein Randphänomen
Die europäische UniSAFE-Studie (02/2021- 01/2024) untersuchte an 46 Hochschulen und Forschungseinrichtungen in 15 Ländern das Ausmaß geschlechtsbezogener Gewalt. Über 42.000 Studierende und Mitarbeitende[2]   nahmen teil – mit alarmierenden Ergebnissen:
 
• 62 % der Befragten gaben an, mindestens eine Form geschlechtsbezogener Gewalt seit Eintritt in die Institution erlebt zu haben.
• 57 % berichteten von psychologischer Gewalt, 31 % von sexueller Belästigung, 6 % von physischer und 3 % von sexueller Gewalt.
• Nur 13% der betroffenen Personen meldeten diese Vorfälle – meist aus Unsicherheit über die Schwere des Geschehens oder fehlendes Vertrauen in institutionelle Strukturen.
• Besonders betroffen waren LGBQ+-Personen, Menschen mit Behinderungen und Angehörige ethnischer Minderheiten – hier lagen die Betroffenheitsraten zwischen 68 % und 72 %.
 
Diese Ergebnisse zeigen deutlich: Gewalt in all ihren Formen ist kein Randthema, sondern ein strukturelles Problem – auch im Hochschulkontext.
 
Kunstuniversitäten: Nähe, Vertrauen – und Verantwortung
Kunstuniversitäten zeichnen sich durch spezifische Lern- und Arbeitsformen aus; vor allem in der künstlerischen Arbeit können die Grenzen zwischen Studium, Arbeitsprozess und sozialem Miteinander verschwimmen. Es entstehen kreative Dynamiken, aber es kann auch zu einem Machtgefälle kommen. Es ist daher zentral, auf ein professionelles Miteinander zu achten, in dem Grenzen respektiert und Grenzüberschreitungen von allen im Prozess beteiligten Personen gegebenenfalls frühzeitig erkannt werden können. Eine bewusste Reflexion von Rollen, Machtverhältnissen und Kommunikationsformen ist die Grundlage professioneller Lehrgestaltung und Personalführung. 

„Als Vizerektorin der Universität für angewandte Kunst Wien sehe ich es als unsere gemeinsame Verantwortung, künstlerische Freiheit mit Schutz und Respekt zu verbinden. Die Ergebnisse der UniSAFE-Studie führen uns vor Augen, dass künstlerische Lehre und ihre besonderen Bedingungen institutionelle Achtsamkeit erfordern. Unsere Aufgabe ist es zu sensibilisieren, vertrauliche und klare Meldewege zu etablieren, bestmöglich darauf aufmerksam zu machen und im Anlassfall für konkrete Unterstützung zu sorgen. Wir wollen eine Universität sein, an der Kunst und Wissenschaft ihre Freiheiten in einem Klima von Sicherheit, Dialog und Gleichberechtigung entfalten können.“, erläutert Felderer. Sie und ihr Team setzen an der Angewandten aktuell gezielte Maßnahmen, um Sensibilität und Handlungskompetenz zu stärken. 

In folgenden Schwerpunkten stehen Aktivitäten und Formate in Entwicklung:
Sensibilisierung und Aufklärung: Entwicklung von Awareness-Formaten zu geschlechtsbezogener Gewalt und Machtmissbrauch, die speziell auf Kunstuniversitäten zugeschnitten sind.
Verbindlichkeit schaffen: Entwicklung eines Code of Conduct
Klare Strukturen und Ansprechstellen: Ausbau und Sichtbarmachung vertraulicher Meldewege
Kultur der Reflexion: Etablierung verschiedener Feedbacksysteme
Haltung zeigen:  Die Universität für angewandte Kunst Wien verfolgt eine Null-Toleranz-Politik hinsichtlich geschlechtsbezogener Übergriffe und duldet kein sexistisches Verhalten. Geschlechtsbezogene Gewalt, Machtmissbrauch, Diskriminierung und Grenzüberschreitungen stehen im Widerspruch zu den zentralen Grundsätzen und Werten der Universität.

[1] Die Veranstaltungsreihe „#MeToo Kunst: Genderbasierte Gewalt und Machtverhältnisse an Kunsthochschulen“ ist eine Kooperation der Akademie der bildenden Künste Wien, der Universität für angewandte Kunst Wien und der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und ist für die Jahre 2025 bis 2027 konzipiert.
[2]  Die teilnehmenden Einrichtungen sind zur Hälfte klassische Volluniversitäten, 17% sind technische Universitäten, 15 % Forschungsinstitute, 9% Sozial-/Geisteswissenschaftliche Einrichtungen, 7 % spezifische Institutionen sowie 2% Kunstuniversitäten.

Weitere Veranstaltungen zur thematischen Auseinandersetzung:

 
Who Gets to Feel Safe? Who Gets to Speak Up? 

In Kooperation mit der Genderplattform Österreich.
Bontu Guschke will give a talk entitled 'Who Gets to Feel Safe?' Who Gets to Speak Up? Understanding and Addressing the Intersections of Sexism and Racism in Higher Education”. The presentation is aimed at staff and students. The lecture will be held in English. There will be a written interpreter for German.
 
Dr. Bontu Guschke, 27th November 2025, 1 - 2 p.m., via Zoom
Registration via dieangewandte.at/pe/who-gets-to-feel-safe
 
Geschlechterbasierter Gewalt an Hochschulen 
In Kooperation mit der Akademie der bildenden Künste Wien
Was ist noch ein Flirt und was schon ein Übergriff? Sara Hassan hat ein Modell entwickelt, um die ersten Anzeichen von sexueller Belästigung zu identifizieren. Mit dem Red Flag System, einem multifaktoriellen Prüfschema, wird deutlich, wie sich sexuelle Belästigung anbahnt und was sich dagegen tun lässt. Der Workshop wird über das interne Weiterbildungsprogramm der Akademie der bildenden Künste veranstaltet und richtet sich an Mitarbeiter*innen. 
 
Sara Hassan, MA, 10. Dezember 2025, 10.00–14.00 Uhr, an der Akademie der bildenden Künste Wien 
Anmeldung per dieangewandte.at/pe/geschlechterbasierte-gewalt-an-hochschulen bis spätestens Montag, 1. Dezember 2025.
 
Der Vortrag von Sara Hassan mit dem Titel „Grauzonen gibt es nicht – Muster sexueller Belästigung erkennen“ wurde für Mitarbeiter*innen und Studierende bereits 2023 angeboten. Weitere Formate sind in Planung. 


Link zur Studie am GESIS - Leibniz Institut für Sozialwissenschaften


Für weitere Fragen steht Ihnen die Abteilung für Gleichstellung zur Verfügung.
Leitung Abteilung für Gleichstellung
Mag.phil. Doris Löffler, MBA 
+43-1-71133-2157 
doris.loeffler@uni-ak.ac.at
dieangewandte.at/gleichstellung

Die Farbe Orange steht als Farbe für Hoffnung und eine gewaltfreie Zukunft: Der Orange Day ist Teil der weltweiten UN-Kampagne, die seit 1991 jedes Jahr am 25. November auf Gewalt an Frauen und Mädchen aufmerksam macht.