Verkleidete Distanzen: migratory aesthetics and counter-public spheres in the gdr

Die von Elisa R. Linn kuratierte Ausstellung in der Sala Terrena der Universitätsgalerie untersucht die Auswirkungen von Grenzen auf die Entstehung von Gegenöffentlichkeiten an der Schnittstelle von Kunst, Literatur und Aktivismus – in der DDR sowie in den Umbruchmomenten des Mauerfalls und der Zeit nach der Wiedervereinigung.
Sie umfasst künstlerische Arbeiten, lyrische Texte, archivarische Materialien und eine Bibliothek „von unten”. Die Beiträge dieser Ausstellung machen die Grenze – sei sie physisch gebaut, ideologisch, körperpolitisch, kulturell oder medial – sichtbar, überschreiten und besetzen sie als diasporischen Ort der Artikulation. Jene ästhetischen Strategien im öffentlichen, semi-öffentlichen oder im intimsten privaten Raum unterlaufen mitunter ikonografische Identitätsbilder, wie sie im sozialistischen Realismus durch den staatlich propagierten „neuen Menschen“ verkörpert wurden. Andere verschreiben sich der Suche nach dem befreienden Wort in lyrischen und erzählerischen Texten, geprägt von sprachlicher Doppelbödigkeit, die das Metamorphieren und „Minoritär-Werden” gegen die Verstummung produktiv machen. 
 
Die in der Ausstellung versammelten Beiträge verhandeln zwischen Autonomie und dem Eingeschlossensein im verdichteten Raum, zwischen Abstoßung und (sexuellem) Begehren, zwischen Gemeinschaftsformen des Miteinanders und Erfahrungen der Vereinzelung und des Exils. Sie geben dabei einen Anstoß, das Transzendieren und Migrieren von einem Ort, einer Identität, einem Geschlecht zum anderen nicht nur als Ausnahmezustand, Moment der Entfremdung oder potenzielle Bedrohung zu verstehen. Vielmehr regen sie dazu an, die Grenze zu entkräften, sie neu anzueignen und sie zugunsten ihrer Liminalität und jenseits territorialer und kategorialer Denkweisen zu verorten. Fernab des Versuchs einer linearen, umfassenden Überblickserzählung befragt die Ausstellung das ästhetische Potenzial der unterschiedlichen Beiträge aus dem subjektiven Blickwinkel einer Nachwendegeneration: als nonkonforme Praktiken, die alternative künstlerische Lebens-, Handlungs- und demokratische Gemeinschaftsformen entwarfen und damit bisweilen auch die Angleichung an die Normen und Eigentumsverhältnisse einer patriarchal geprägten kapitalistischen Gesellschaft Westdeutschlands anzweifeln. Welche Potenziale haben diese Praktiken heute, in einer Zeit, in der Nativismus und Abschottung mehr und mehr die Realpolitik eines „starken“ vereinten Deutschlands untermauern?        
 
Kuratiert von Elisa R. Linn.
Mit Beiträgen von u. a. Jürgen Wittdorf, Clara Mosch, Núria Quevedo, Mahmoud Dabdoub, Gabriele Stötzer, Raja Lubinetzki, Materialien aus dem Archiv GrauZone, Bärbel Bohley, Ulrich Polster, Annemirl Bauer eingeladen von Sandra Teitge, César Olhagaray, Ronald M. Schernikau, Marina Gržinić & Aina Šmid, Künstlerinnengruppe Erfurt, Geraldo Paunde, De-Zentralbild, Lutz Dammbeck, frau anders, Jayne-Ann Igel, Jürgen Baldiga, Ladies Neid, Namenlos, Sarah Schulman.
Die Ausstellungsarchitektur ist von Lennart Wolff konzipiert.
Eine Abbildung mehrerer schwarz-weiß Fotografien
                                          von Porträtfs aus der Punk-Kultur
Erfurt Punks, 1984

Termine

Ausstellungsdauer
15. Oktober 2025 - 31. Januar 2026
Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof | Schönlaterngasse 5 / Grashofgasse 3, 1010 Wien
Ausstellungseröffnung
15. Oktober 2025 - 18:00
Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof | Schönlaterngasse 5 / Grashofgasse 3, 1010 Wien
Filmvorführung
12. Dezember 2025 - 18:00
Universität für angewandte Kunst Wien, Hörsaal 1, Oskar-Kokoschka-Platz 1, EG, 1010 Wien