Als
eine der ersten Frauen, die in Zentraleuropa eine Professur erhielten, unterrichtete Rothansl Künstler*innen wie Friedl Dicker-Brandeis,
Elisabeth Karlinsky, Vally Wieselthier oder Emmy Zweybrück in textilen Techniken. Stoisavljevic wurde an der Kunstgewerbeschule
zur Grafikerin und Emailkünstlerin ausgebildet und war früh im Umkreis der Secession aktiv, etwa für die Zeitschriften
Die
Fläche oder Ver Sacrum.
Die Ausstellung kontextualisiert erstmals das Werk beider Protagonistinnen ausgehend
von ihren textilen Sammlungen, die sich in Form zweier Konvolute an Kunstsammlung und Archiv der Universität für angewandte
Kunst Wien erhalten haben. Es handelt sich um vielfarbige, handwerklich gefertigte, in regionalspezifischen Mustern gewebte,
gewirkte, bestickte oder geklöppelte Kleidungsstücke und Fragmente, die von anonymen Produzent*innen aus ländlichen Regionen
in Böhmen, Mähren, Dalmatien, Galizien, Lodomerien oder der Bukowina gefertigt wurden, aber auch aus Süd- und Ostasien stammen.
Die Ausstellung untersucht die beiden Konvolute als Reflexionen eines ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstarkenden
Interesses an sogenannter „Volkskunst“, das sowohl in den sich neu etablierenden Geisteswissenschaften, als auch in der angewandten
Kunst und der zeitgenössischen musealen Praxis greifbar wird. Dieses Interesse verbindet die Sammlungen der beiden Künstlerinnen
mit Figuren wie der Modeschöpferin Emilie Flöge, dem Ethnologen Michael Haberlandt oder dem Kunsthistoriker Alois Riegl.
Textile Transfers nähert sich der Vielschichtigkeit von Rothansls und Stoisavljevic-Rollers Gebrauch der
Textilien als künstlerische Vorbilder und Artefakte. Zum einen beleuchtet die Ausstellung Rothansls Lehre und die Relevanz
ihrer Sammlungspraxis an der Wiener Kunstgewerbeschule für das Werk ihrer Schüler*innen anhand einzelner Karrieren. Zum anderen
geht sie den fotografischen Inszenierungen der von Stoisavljevic zusammengetragenen Textilien als Reformkleider im Kontext
der Vernetzung der Künstlerin mit der Klimtgruppe nach. Darüber hinaus zeichnet die Ausstellung die Funktion der Sammlungsobjekte
im Kontext der Konstruktion nationaler Identität und die Transformation von Geschlechterverhältnissen im Kontext der Reform
des Kunstgewerbes um 1900 nach. Die eklektische Zusammensetzung der textilen Sammlungen wirft dabei Fragen nach einem spezifischen
Primitivismus der Wiener Moderne auf. Dieser geht mit der Aneignung künstlerischer Wissenspraktiken aus Gebieten einher, die
als Peripherien Österreich-Ungarns oder dem “Orient” zugehörig erscheinen.
Universitätsgalerie im Heiligenkreuzerhof
Eröffnung: 30. April 2025, 18:00 Uhr
Laufzeit: 1. Mai–12. Juli 2025
Öffnungszeiten:
Mittwoch–Samstag, 14:00–18:00 Uhr
An Feiertagen geschlossen.
Rahmenprogramm:
8. Mai, 18 Uhr, Buchpräsentation:
Rethinking Modern Austrian Art Beyond the Metropolis. Anschließend
Gespräch zwischen Autorin Julia Secklehner, Stefanie Kitzberger und Eva Klimpel. Ort: Universität für angewandte Kunst Wien,
Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien, Seminarraum 20, 4. Stock.
Mehr
Informationen15. Mai, 18 Uhr, Vortrag:
Marta Filipová: A fine line: lace between folk art and
modern design. Ort: Universität für angewandte Kunst Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien, Seminarraum 20, 4. Stock.
Mehr
Informationen4. Juni, 18 Uhr, Vortrag:
Matthew Rampley, States of Exception: Collecting Asian
Art and National Identity in Central Europe. Ort: Universität für angewandte Kunst Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, 1030
Wien, Seminarraum 20, 4. Stock.
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Informationen Kuratorisches Team: Eva Klimpel, Stefanie Kitzberger
Gesamtleitung:
Cosima Rainer
Ausstellungsorganisation: Judith Burger, Laura Egger-Karlegger, Manon Fougère, Anja Seipenbusch-Hufschmied
Team Universitätsgalerie: Marei Buhmann, Anette Freudenberger (Leitung)
Ausstellungsgestaltung:
Martin Denk
Künstlerische Produktion: Jakob Buchner, Pablo Ehmer, Julia Haller, Martin Hotter, Demian
Kern, Marielena Stark, Catharina Wronn
Figurinenbau: Doris Drochter, Elke Handel, Eva Klimpel, Sebastian
Rahs, Marianne Simmen
Biografien: Manon Fougère, Samira Plunger
Saaltexte: Eva
Klimpel, Stefanie Kitzberger
Grafische Gestaltung: Sebastian Köck
Mit freundlicher Unterstützung
durch die ERSTE Stiftung.
