Die heute 96 jährige Fotografin Elly Niebuhr gilt es wiederzuentdecken.
Ein erstes Fotobuch über sie ist vor kurzem erschienen, nun folgt die allererste ihrem fotografischen Schaffen gewidmete Einzelausstellung
im Heiligenkreuzerhof, dem Ausstellungszentrum der Universität für angewandte Kunst Wien. "Elly Niebuhr - wiederentdeckte
Fotos aus den 1950er Jahren in Wien“ wird rund 50 Schwarz-Weiß-Fotos zeigen, die den Blick der Fotografin auf das Wien der
Nachkriegszeit spiegeln. In diesen Bildern findet man die Nachkriegstristesse des noch immer kriegsbeschädigten Wien ebenso
wie Szenen des beginnenden Wirtschaftswunders. Die Auswahl zeigt Elly Niebuhr als sensible Dokumentarin gesellschaftlicher
Verhältnisse - die Bridgespieler auf der Stadtpark-Terrasse, mit einem Hauch von Mondänität, spielende Kinder zwischen Ruinenresten,
wie aus einem Film des italienischen Neorealismo, oder die Arbeitergruppe in der Fabrikhalle - sind Beispiele von Niebuhrs
fotografischer Sozialreportage aus dieser Zeit.
Elly Prager-Mandowsky, wie sie mit Mädchennamen hieß, wurde 1914
in eine Wiener jüdische Familie geboren. Sie floh als 23jährige vor dem Nationalsozialismus nach New York, wo sie als Porträtfotografin
arbeitete und kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Wien zurück. Hier wurde sie seit den 1960er Jahren zu einer begehrten
Modefotografin und dokumentierte Design und Produkte für Unternehmen, arbeitete aber auch für Tageszeitungen. Davon zeugt
das Buch über Elly Niebuhr von Anton Holzer, 2009 im Böhlau Verlag Wien erschienen. Ehe sie jedoch zur erfolgreichen Designfotografin
wurde, entstand ein umfangreiches Werk, das sich mit den Menschen in der Stadt, insbesondere Wien, aber auch am Land auseinandersetzt
und sie mit Humor, Mitgefühl und hoher fotografischer Sensibilität darstellt.
Vor einem Jahr hat Elly Niebuhr
ihr gesamtes Fotoarchiv mit Tausenden von Negativen der Universität für angewandte Kunst Wien geschenkt. Dieser Bestand wird
derzeit aufgearbeitet und systematisiert. Ein erster Einblick in die darin dokumentierte Welt wird nun im Heiligenkreuzerhof
ermöglicht.