Abteilung
Kunsttheorie
Der Gastvortrag findet im Rahmen der Lehrveranstaltung Ästhetik der Negation von Helmut Draxler
statt.
Die Geschichte der modernen Kunst als Prädisposition unserer zeitgenössischen ist untrennbar
mit der Tradition der Negation verknüpft. Entsprechend ist „Negativität“ in der künstlerischen, institutionellen und akademischen
Praxis fest etabliert und als Genre und Code verfügbar. Register des Negativen lassen sich erforschen, „offiziell“ erlernen
und, mit Blick auf die enorme Popularität „kritischer“ und offensiv „aktivistischer“ Agenden nicht nur im Ausstellungs-, Diskurs-
und Kulturbetrieb, offenbar erfolgreich in Stellung bringen, ohne die herrschenden Verhältnisse auch nur im Ansatz herauszufordern.
Zudem lassen sich solche Register sowohl individuell wie institutionell – und quer durchs politisch-weltanschauliche
Spektrum, von links nach rechts – profitabel machen, gern auch „von oben“, ohne auf größere Hindernisse zu stoßen. Das lässt
darauf schließen, dass Macht und Negation durchaus vereinbar sind. Dagegen scheint Konzepten wie „Avantgarde“, „Sub-“ oder
„Gegenkultur“ im geschichts- und gesellschaftserodierenden Mindset des „kapitalistischen Realismus“ (Mark Fisher) jede plausible
Grundlage und Perspektive entzogen. Wie wohl der Punk von heute beschaffen sein müsste?
Bei solchen Überlegungen
mag helfen, dass Kritik, Opposition und Dissidenz nicht automatisch ohne Konsequenzen bleiben. Wer von den herrschenden Verhältnissen
zu sehr abweicht, wer sie zu konkret herausfordert oder schlicht „nicht will“, wird immer noch zur Ordnung gerufen – wenngleich
nicht zwangsläufig vom Staat und seinen Instanzen. Es kommt also immer noch auf den Fall an, wer oder was sich wann unter
welchen Umständen und wie „negativ“ auf die Verhältnisse bezieht. Von „falsch“ oder „richtig“ gar nicht erst zu reden.
Umso
mehr scheint allerdings die Frage nach Erfolg oder Misserfolg gerade in der Diskussion einer „Ästhetik der Negativität“ von
Interesse. Ohne „Misserfolg“ glorifizieren, „Scheitern“ romantisieren zu wollen – mit Konsequenzen wird zu rechnen sein, wer
sich tatsächlich „erfolgreich negativ“ zu den bestehenden Verhältnissen ins Verhältnis setzen will.
Hans-Jürgen
Hafner arbeitet als Kunstkritiker, Autor und Ausstellungsmacher. Zuletzt hat er zusammen mit Gunter Reski im Kunstverein
Nürnberg die dritte Ausgabe der thematischen Ausstellung „Die Zukunft der SPD“ kuratiert. Außerdem ist derzeit im Briefing
Room, Brüssel, seine Ausstellung „De kunst van de Chinezen/L’art chinois“ und im kunstbunker Nürnberg das Projekt „I AM THE
AUDIENCE & / Theorie installieren: ‚Die Idee des Neuen‘“ zu sehen.