Vortragsreihe "Kunst - Forschung - Geschlecht"


Franzis Kabisch

Spectators as speculators – Abtreibungen in Film und Fernsehen zwischen Realismus und Fiktion /Spectators as speculators – Abortion in Film and Television between Realism and Fiction
The talk will be in German. A short summary in English will be provided afterwards.

Mittwoch, 11. Jänner 2023
18:00 - 20:00 Uhr
Auditorium| Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien | Ground floor

Franzis Kabisch
© Bildcredits: Paul Niedermayer, Porträtfoto Franzis Kabisch, 2020

Wer nach Abtreibungen in Film- und Fernseharchiven sucht, muss spekulieren lernen. Ob und welche Figuren eine Schwangerschaft in fiktiven Drehbüchern abbrechen, liegt oft zwischen Code-Wörtern, Umschreibungen und Auslassungen der Begleittexte begraben. Benutzt man die Archive jedoch als Spekulationsräume, lassen sich viele Abtreibungsgeschichten finden. Die meisten davon zeichnen leider ein sehr düsteres und oft klischeehaftes Bild, das den wirklichen Erfahrungen vieler Menschen nicht gerecht wird. Während das US-amerikanische Forschungsprogramm Abortion Onscreen „accurate“, also richtige Repräsentationen von Abtreibungen fordert, stelle ich infrage, ob der Ruf nach Realismus wirklich hilfreich ist. Sollten wir im Sinne des feministischen Spekulierens nicht eher für Plotlines plädieren, die sich Fiktion zunutze machen und qua Spekulation neue Narrative und neue Bilder von Abtreibungen entwerfen? Vielleicht sogar Darstellungen, die wir selbst noch nicht verstehen oder sehen können? Können wir als spectators dieser Filme und Serien auch speculators sein und über angelernte Sehgewohnheiten hinausgehen bzw. hinaussehen? Hier kann das Konzept des „situierten Sehens“ helfen, das wir zusammen diskutieren werden.

Film and television like to depict abortions as a crisis, traumatic event or revenge plot. And many spectators adopt this perspective. But as spectators we are also speculators: How can we use the speculative potential of fiction to imagine different depictions of abortion? And when do our speculations go too far?

Franzis Kabisch lebt und arbeitet als Künstlerin, Kulturwissenschaftlerin und Pro-Choice-Aktivistin in Berlin und Wien. Ihr aktuelles Projekt zu Darstellungen von Abtreibungen hat 2019 im Rahmen des BKA-START-Stipendiums als Dokumentarfilmprojekt begonnen und wird aktuell als Promotion am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften der Akademie der bildenden Künste Wien weitergeführt. www.franziskabisch.net