19. August 2020
MAK zeigt dritte Pop-up-Ausstellung im Rahmen der Reihe CREATIVE CLIMATE CARE, einer Kooperation
mit der Universität für angewandte Kunst Wien
Einen möglichen Beitrag, den künstliche Intelligenz
zur Realisierung der Utopie einer kreislauffähigen Abfallwirtschaft leisten könnte, inszeniert der Architekt und Designer
Chien-hua Huang mit der Pop-up-Ausstellung Reform Standard im MAK.
Anhand
von Zeichnungen, physischen Modellen und Videos stellt er im Rahmen der dritten Position der Reihe
CREATIVE
CLIMATE CARE, einer Kooperation des MAK und der Universität für angewandte Kunst Wien, einen von Machine Learning gesteuerten
innovativen Suchprozess dar: Auf Basis eines materialinformierten Designkreislaufs könnten Abfälle in potenzielle Ressourcen
umgewandelt werden.
Chien-hua Huang setzt an der Standardisierung an, die in allen
Branchen weitgehend gelebt wird. Das bringt erhebliche Vorteile für Wirtschaftlichkeit und organisatorische Effizienz, erzeugt
aber aufgrund einseitiger Prozesse und homogener Inputs weitere Abfälle und Brachflächen. „Ein gewisses Maß an Flexibilität
in der Normung, ein Gegenprozess, die ‚Entnormung‘ mittels künstlicher Intelligenz würde einen alternativen Workflow ermöglichen,
der letztlich eine kreislauffähige Abfallwirtschaft umsetzbar machen könnte“, so der Designer.
Der
Titel der Pop-up-Ausstellung bezieht sich auf ein gleichnamiges Forschungsprojekt, im Rahmen dessen Huang einen maschinell
lerngesteuerten Suchalgorithmus entwickelte. Mithilfe von Reinforcement Learning und maschineller Bildverarbeitung entwirft
das Tool neue Strukturen, unregelmäßige Kunststoffstücke werden in eine neue Form transformiert. Anstatt diese Abfälle in
einem energieintensiven Prozess zu recyceln, findet die Suchmaschine eine neue maschinenorientierte Ästhetik in vernachlässigten
Abfallteilen.
Reform Standard bezieht sich nicht nur auf revitalisierten Abfall,
sondern betrachtet die Lebenszyklen von Materialien gesamtheitlich. Damit entwickelt sich eine kreislauffähige Gestaltung,
die die Definition von „Zero Waste“ und „Ressourcen“ revolutionieren kann.
Auch die Rezeption von
Abfall wird in Reform Standard veranschaulicht: Eine Serie von Zeichnungen zeigt auf, wie unterschiedlich Mensch und Maschine
Abfall wahrnehmen und welche Potenziale dabei verloren gehen oder auch entstehen. Es wird deutlich, dass sich das menschliche
Sehen – also die konventionelle Wahrnehmung der Abfälle – auf die erlernten gesellschaftlichen oder persönlichen Kriterien
beschränkt, mit denen wir die Gegenstände klassifizieren, bevor sie zu Abfall geworden sind. Demgegenüber steht die datenorientierte
Gestaltung des Sehens („Machine Vision“). Künstliche Intelligenz analysiert und klassifiziert Formen und Materialzusammensetzungen,
das Gesehene wird ohne Vorurteile über den „Wert“ des Abfalls zusammengefasst. Die Suchleistung von Computern hat das Potenzial,
den menschlichen Blick auf Abfall zu „objektivieren“.
Ein weiterer Bereich der Ausstellung
gibt anhand von architektonischen Modellen Einblick in die Entwicklung des Projekts Reform Standard. Dabei werden
der Aufbau, der Sortierprozess und das alternative Ergebnis der Algorithmen im Vergleich zur menschlichen Wahrnehmung nachvollziehbar.
Eine siebenminütige Videoinstallation zeigt die Entstehung einer Kunststoffschale als Beispiel für eine erfolgreiche Wiederverwertung
von Plastikabfällen und einen geschlossenen Designkreislauf.
Chien-hua Huang schloss
2020 das Masterstudium „Architektur: Architekturentwurf 2“ unter der Leitung von Prof. Greg Lynn an der Universität für angewandte
Kunst Wien ab. Der Architekturdesigner und Designforscher arbeitet in Taipeh und Wien.
Mit
der Ausstellungskooperation
CREATIVE
CLIMATE CARE bieten das MAK und die Universität für angewandte Kunst Wien fünf durch eine Jury ausgewählten AbsolventInnen
der Angewandten die Möglichkeit, mit jeweils dreiwöchigen Ausstellungen die MAK GALERIE zu bespielen. Die Reihe setzt sich
mit dem Beitrag von Design, Architektur und Kunst zur Entwicklung eines neuen Mindsets für aktive Klimapflege auseinander
und ist gleichzeitig der Startschuss für die künftige permanente Bespielung der MAK GALERIE als CREATIVE CLIMATE CARE Galerie.
CREATIVE
CLIMATE CARE startete mit Florian Semlitsch und Sophie Gogl und zeigt nach Chien-hua Huang Positionen von Martina
Menegon und Antonia Rippel-Stefanska.
Pressefotos stehen unter
MAK.at/presse zum Download bereit.
Öffnung
Dienstag, 8.
September 2020, ab 18:00 Uhr
Ausstellungsort
MAK GALERIE
MAK,
Stubenring 5, 1010 Wien
Ausstellungsdauer
8. September – 4. Oktober
2020
Weitere Termine
Martina Menegon, 20. Oktober – 8. November 2020
Antonia
Rippel-Stefanska, 17. November – 8. Dezember 2020
Öffnungszeiten
Di 10:00–21:00
Uhr, Mi–So 10:00–18:00 Uhr
Kuratorin
Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur,
Kustodin MAK-Sammlung Design
Grafikdesign
Theresa Hattinger