Contingent Agencies ist ein künstlerisches Forschungsprojekt
zur Erschließung einer Thematik, die zentral für alle künstlerischen Praktiken ist und die mit verschiedenen Begriffen bezeichnet
wird: “Atmosphäre”, “Ambiente”, “Stimmung”, “mood”, “Topologie”, “Ort”, “Umwelt” oder “Figur”. All diese Ausdrücke stehen
für eine Art von Präsenz, die grundsätzlich als allumfassend, unbeständig, instabil, ungreifbar und ungegenständlich charakterisiert
wird.
Es handelt sich dabei um eine Form von Präsenz, die im Zuge ihres Entstehens aufgrund der Wechselwirkung zwischen
allen Bestandteilen der Situation, in der sie auftritt, die Person, der sie erscheint, einschließt und umgibt. Dieses Projekt
richtet seine Aufmerksamkeit auf die Erforschung des zentralen Aspekts dieser Form von Präsenz, der bisher unbeachtet blieb:
die Agenz (Wirkkraft) der Komponenten der Situation, die ihr Erscheinen ermöglicht.
Diesbezüglich stellt sich die zentrale
Forschungsfrage wie folgt: Was ist die spezifische Agenz der verschiedenen Elemente, die die Emergenz von ephemeren Umgebungen
ermöglichen? Mit anderen Worten: Wie interagieren die einzelnen Bestandteile einer Situation, so dass eine flüchtige Figur
entstehen kann. Zusätzlich verfolgt das Projekt drei sich ergänzende Ziele: Erstens, fundamentales Wissen über dieser Modalität
von Präsenz beizusteuern; zweitens eine innovative Forschungsmethodologie zu entwickeln, die – basierend auf künstlerischer
Praxis und Praktiken der Geisteswissenschaft – ein umfassende, nicht-reduktive Erforschung ermöglicht und drittens, adäquate
Formate und Strategien der Vermittlung und Ausbreitung der Ergebnisse zu entwerfen.
Die theoretische Fundierung des Projektes
baut grundsätzlich auf der Arbeit von Autoren wie Böhme, Thibaud, Gumbrecht, Malpas und Casey auf, die sich intensiv mit der
Modalität von Präsenz beschäftigt, die hier weiter erforscht wird. Die Untersuchung folgt einem phänomenologisch und enaktivistischen
Ansatz, der eine ergiebige Kombination aus erfahrungsbasiert und systemorientierten Herangehensweisen eröffnet. Die kürzlich
abgeschlossenen drei-jährigen Forschungsprojekte der beiden Key-researcher Nikolaus Gansterer ("Choreo-graphic Figures") und
Alex Arteaga ("Architecture of Embodiment") konstituieren die konzeptuelle und methodologische Basis zur Integration der Quellen
und Zugänge. Die Struktur des Projektes beruht auf einzelnen "research cells": Forschungseinheiten, die durch eine befristete
Dauer, eine spezifische Räumlichkeit, eine bestimmte Anzahl von Teilnehmer (Künstler und Spezialisten verschiedener Disziplinen),
ausgewählte Praktiken und Strategien die Zellen miteinander zu verknüpfen. Der Kern jeder Forschungszelle ist ein sogenanntes
“þing” (sprich “thing”): ein raumzeitliche Struktur, innerhalb derer die fundamentalen ästhetischen Praktiken – Praktiken
der Notation – vollzogen werden. Contingent Agencies ist Grundlagenforschung mit künstlerischen Mitteln, deren Resultate in
Architektur, Design und raumbezogen Kunstpraktiken, sowie Pädagogik, Philosophie Kunsttheorie, Kritik und Kulturwissenschaften
angewandt werden kann.
http://www.contingentagencies.net/