Schlagwörter
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Philosophie, Religionsphilosophie, Kulturanthropologie, Ethik, Bildende Kunst
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Beschreibung
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Er steht da, nackt bis auf einen Lendenschurz. Das schweißgetränkte Haar fällt in dunklen Locken in seinen Nacken. Seine Arme
sind mit festen Seilen nach hinten gebunden, auch an den Knöcheln ist der Mann an die ruinösen Reste einer römischen Marmorsäule
gefesselt. Sein Blick geht nach oben, fragend, zweifelnd.
Mantegnas Sebastian von 1480 - Verstörung löst die zentrale Unübersehbarkeit des Bildes aus: Der Bleiche ist gespickt mit
Pfeilen. Lange, dünne Spieße, aus vielen Richtungen in den Körper des Mannes geschossen. Sie stecken in den Weichteilen, in
Hüfte und Brust, durchbohren die Beine an mehreren Stellen und weisen in die vielen Richtungen, aus denen sie abgeschossen
wurden.
Bei genauerer Betrachtung ist der Märtyrer, wörtlich: Zeuge, jener Ort, an dem sich Täter, Opfer, Zusehende und Bild-Betrachter
begegnen. Das Bild stellt diese Beziehung her, ja, erzeugt sie erst. Das Bild macht die Betrachter des Bildes ebenfalls zu
Zeugen. In letzter Konsequenz sie nicht nur Empathieverbündeter des Opfers, sondern Täter und Täterin. Die Tat wird nur um
des Bildes Willen gesetzt wird.
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