Vizerektorin für Ausstellungen und Wissenstransfer: Univ.-Prof. Mag. phil. Eva Maria Stadler
„Die Hälfte unserer Politik spielt sich in Wissenschaft und Technik ab. Die andere Hälfte der Natur spielt sich in der Gesellschaft
ab. Setzen wir diese beiden Hälften zusammen, und es gibt wieder eine politische Aufgabe!“
Im Institut für Kunst
und Gesellschaft finden sich mit Kunst und Wissenstransfer, Social Design und Cross-Disciplinary Strategies drei Abteilungen,
die sich unter ihren jeweils ganz spezifischen Voraussetzungen mit Fragen der Gesellschaft und mehr noch mit der Konstitution
von Gesellschaft beschäftigen. Ganz in der Tradition der Moderne werden Kunst und Gesellschaft als zwei getrennte Sphären
ausgewiesen. Das ‚und’ verbindet und trennt die beiden Bereiche gleichermaßen.
Der Gesellschaftsbegriff der seit
der Aufklärung von der Dynamik von Ordnung und Unterscheidung geprägt ist, unterliegt einer steten Transformation, die es
zu analysieren, zu reflektieren und zu gestalten gilt.
Wenn Bruno Latour am Beginn der 90er Jahre ausruft: ‚Wir sind
nie modern gewesen’ hebt er auf die Vorstellung einer Gesellschaft ab, die von der Dichotomie von Natur und Kultur ausgeht,
und in dem Bestreben nach Autonomie und Differenz Handlungsbereiche aus übergreifenden gesellschaftlichen Bezügen herausgelöst
hat. Latour hingegen spricht von Hybriden, sozialen Akteuren, nicht-sozialen Wesen und Objekten als einem realen Netzwerk,
das er als Gesellschaft begreift. Vielfältige Beziehungen zwischen Menschen und Dingen, so Latour, brächten mittels komplexer
Verknüpfungen, einen neuen Modus der Vergesellschaftung hervor, ein Netzwerk das nicht systematisch oder territorial eingrenzbar
ist.
Der Kunst kommt sowohl bei der Befragung, wie der Konstituierung von Gesellschaft eine besondere Rolle zu.
Die Abteilung Kunst und Wissenstransfer wurde 1987 gegründet, um der beschriebenen Kultur der Dichotomie und Spezialisierung
entgegenzuwirken. Der Gedanke des Transfers geht von Strategien der Übersetzung und Vermittlung aus, wodurch ein Denken angestoßen
werden soll, das mehr noch als Disziplinen miteinander verknüpft, durch unterschiedliche Disziplinen hindurch wirkt.
Ort wie Inhalt der Forschungen in der Abteilung Social Design – Arts as Urban Innovation sind Theorien und Praxisformen
der Stadt. Mit künstlerischen Methoden im urbanen Kontext hat sich dieses neue Masterprogramm das Hybride schlechthin zum
Thema gesetzt. Die Interaktion von Theorie, Bildender Kunst, Design, Urban Studies und Architektur provoziert neue Formen
der Wissensproduktion, eröffnet auch unerprobte Handlungsfelder im Kontext städtischer Räume, urbaner Lebensweisen, stadtgebundener
Konflikte wie Freiheiten. Der Studienplan des seit Winter 2012 bestehenden Masterprogramms bietet den produktiven Rahmen in
interdisziplinären Teams neue Projekte zu entwickeln, die in die Realität reichen und externe Kooperationen ermöglichen und
befördern.
Mit Cross-Disciplinary Strategies wurde erstmals ein Bachelor-Studium entwickelt, das die Grenzen zwischen
Wissenschaft, Philosophie und Kunst strukturell überschreitet, und die wechselseitigen Bezüge der Wissensformen in den Fokus
stellt. Dem verbreiteten Paradigma der Spezialisierung fügt das Studium einen generalisierenden Ansatz hinzu, um Interdisziplinarität
zu generieren und produktiv zu machen. Innovationen in den Wissenschaften und Technologien werden dabei stets in ihrer gesellschaftspolitischen
Bedingtheit untersucht.
Das Institut für Gesellschaft macht es sich zur Aufgabe das Parlament, das Labor und das
Atelier zusammenzudenken und die Wissenschaften “statt sie in ihrer Objektivität zu nehmen, ihrer Wahrheit, ihrer Kälte, ihrer
Exterritorialität (...) - in ihrem Wagemut, ihrem Experimentieren, ihrer Ungewissheit, ihrer Hitze, ihrem ungebührlichen
Mischen von Hybriden, ihrer wahnsinnigen Fähigkeit, das soziale Band zu knüpfen.“