Rektorate und Senate kritisieren
vergebene Chance zur Stärkung der Universitäten
In
einer gemeinsamen Stellungnahme der Rektor_innen und Vizerektor_innen sowie der Senatsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter_innen
der sechs Kunstuniversitäten wird in der vorliegenden UG-Novelle vor allem eine vergebene Chance zur Stärkung der Universitäten
und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung kritisiert. Autonome Universitäten müssten in der gegenwärtigen Situation die Möglichkeit
bekommen, flexible Anreizsysteme zur Anpassung ihrer inhaltlichen Wirksamkeit („Effektivität“) zu setzen und Lehr- und Forschungsstrukturen
erweitern zu können. Nur so könne man den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte durch die gravierenden Transformationsprozesse
in Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft begegnen, die insbesondere den Universitäten und der Bildungspolitik viel abverlangen.
Mittelfristig einen effizienten Mitteleinsatz abstrakt zu fordern ohne jedwede Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Effektivität
als Ziel zu haben, laufe völlig ins Leere.
Ausschließliche quantitative Ansätze - wie
die Geschwindigkeit beim Erwerb der ECTS-Punkte - als bildungspolitische Ziele zu definieren, gefährde das Studieren in all
seinen Aspekten von Vielfalt, individuellen Schwerpunktsetzungen und Verschränkungen zwischen mehreren Studienangeboten. Vertiefungen,
die weit über ECTS-bemessene Mindestleistungen hinausgehen, und kritische Reflexion in Hinblick auf eine verantwortungsbewusste
und aufgeklärte Gesellschaft seien dem UG-Entwurf folgend obsolet und irrelevant.
Neben Eingriffen
in das grundlegende Bildungsverständnis von Universitäten beinhalte die vorliegende UG-Novelle mehrere Regelungen, welche
im Ergebnis die Kompetenzen des Senats zugunsten des Universitätsrats und des Rektorats einschränken. Das bestehende Kräftegleichgewicht
hätte sich jedoch bewährt und einen Interessensausgleich innerhalb der Universitäten und damit Handlungsfähigkeit in bestehenden
und zukünftigen Arbeitsbereichen sichergestellt. Eine Verschiebung von Kompetenzen innerhalb der Leitungsorgane und eine damit
verbundene Minimierung der Senatskompetenzen gefährde nicht nur das Kräftegleichgewicht, sondern bringe überdies eine Verletzung
der verfassungsrechtlich gewährleisteten Universitätsautonomie mit sich. Die im UG-Entwurf vorgeschlagenen Änderungen werden
daher abgelehnt.
Die Rektor_innen und Vizerektor_innen, die Senatsvorsitzenden und ihre Stellvertreter_innen
halten fest: Der vorliegende UG-Entwurf enthält gravierende Eingriffe in das Grundverständnis universitärer Bildung (insbes.
§ 59, Abs. 2) und formuliert die Reduzierung von Bildung auf „die Pflicht, den Studienfortschritt eigenverantwortlich im Sinne
eines raschen Studienfortschritts zu gestalten“. Das vorgesehene Konzept zur Mindeststudienleistung (§ 59a, ECTS-Punkte) bedeutet
eine Abkehr vom universitären Bildungsbegriff einer aufgeklärten Wissensgesellschaft und die Betonung der Geschwindigkeit
und Effizienz redet einem utilitaristischen Verständnis von Bildung das Wort. Die Rektor_innen und Vizerektor_innen, die Senatsvorsitzenden
und ihre Stellvertreter_innen fordern, dass die durch die tiefgreifenden technologischen, demografischen und kulturellen Veränderungen,
die Klimakrise, zunehmende Migration und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aus- und Nachwirkungen der Covid-Pandemie
als Veränderungen und Herausforderungen an die Universitäten erkannt und benannt werden und zu entsprechenden Handlungsspielräumen
und Möglichkeiten in, an und für die Universitäten führen.
Wir werden uns auch in Zukunft
dafür einsetzen.
Rektor Gerald Bast, Universität für angewandte Kunst Wien / Rektorin Elisabeth
Gutjahr, Universität Mozarteum Salzburg / Rektor Johan F. Hartle, Akademie der bildenden Künste Wien / Rektorin Brigitte Hütter,
Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz / Rektor Georg Schulz, Universität für Musik und darstellende
Kunst Graz / Rektorin Ulrike Sych, mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien