Call Peter Patzak

Auf- und Ausbrüche. Grenzüberschreitungen im Werk von Peter Patzak Tagung zum 75. Geburtstag des Autors, Filmemachers und Malers

Einreichfrist: 01. März 2020
13./14. Mai 2020 Archiv der Zeitgenossen, Donau-Universität Krems

Für den Regisseur, Autor und Maler Peter Patzak waren Grenzen ein wohl mitunter wahrnehmbares, aber auch immer auslotbares und vor allem überwindbares Konstrukt. In einem Land, wo die Anerkennung des Films als Kunstwerk und eine entsprechende staatliche Filmförderung lange ausblieben, suchte und fand Patzak Kooperations- und Arbeitsmöglichkeiten in anderen Ländern und Weltteilen. Dabei ließ er sich von internationalen Filmarbeiten inspirieren, überschritt formale Genregrenzen und setzte erste wichtige Schritte zur Internationalisierung des österreichischen Filmschaffens. Von oben verordnete Tabugrenzen existierten für Patzak nicht. Vielmehr forderte er die Gesellschaft heraus, sich unangenehmen Gegenwarts- und Vergangenheitsfragen zu stellen. Faschismus und Rassismus („Kassbach“, „Hotel Shanghai“, „Im Kreis der Iris“), das Ausgrenzen von Volksgruppen und „Unangepassten“, soziale, ökonomische und politische Missstände („Den Tüchtigen gehört die Welt“, „Lex Minister“, „Julius Tandler“, „Gavre Princip – Himmel unter Steinen“), seelische Abgründe und vielfache Formen und Folgen von Einsamkeit („Das Einhorn“, „Glückssachen“, „Santa Lucia“) wurden in seinem filmischen Werk verhandelt. Er kritisierte und torpedierte Obrigkeitsdenken und Unterwürfigkeitsmechanismen („Kottan ermittelt“). Immer wieder offenbaren sich Patzaks Filme als akribische Sozial- und Milieustudien einer Gesellschaft („Match“, „Jugendliche“, „Das Vorbild“). Nicht selten waren maßlose Empörungs- und Beschimpfungsorgien die öffentliche Reaktion auf das Aufdecken gesellschaftlicher Abgründe, die als Tabuzonen galten.

Dabei war es oft die einander kongenial inspirierende Zusammenarbeit mit künstlerisch und gesellschaftspolitisch Gleichgesinnten, die diese Filmarbeiten prägten. Helmut Zenkers präzise Figurenzeichnungen etwa, die sich durch sprachlich pointierte Dialoge auszeichneten, wurden von Patzak im Sinne eines „neuen kritischen Realismus“ facettenreich visuell inszeniert. Mit dem Kameramann Dietrich Lohmann, der mit den geringsten Mitteln atmosphärisch erzählen konnte, verwirklichte Patzak über 30 Filme. Das gegenseitige Verständnis war so groß, dass die beiden nur über Blicke miteinander kommunizierten. Sein weitschichtiges filmisches Wissen hat Peter Patzak schließlich über zwei Jahrzehnte an der „Filmakademie Wien“ jungen Nachwuchsfilmemacher*innen vermittelt, wobei das Ausloten der eigenen künstlerischen Grenzen im Zentrum stand. Die Tagung wird sich ausgehend von Peter Patzaks Werk dem österreichischen Filmschaffen zwischen institutionell und ökonomischer Begrenzung und künstlerisch innovativer sowie gesellschaftspolitischer Grenzüberschreitung und Neupositionierung widmen. Dabei sollen auch die Grenzen zwischen Wissenschaft und Praxis überwunden werden. FilmemacherInnen und Medien-, Kultur- und FilmwissenschaftlerInnen sind aufgefordert, ihre Arbeits- und Sichtweisen einzubringen, Zugänge wechselseitig zu diskutieren und zu erweitern sowie mögliche neue Arbeitsperspektiven zu eröffnen.

Beiträge zu folgenden Themen sind gefragt:

  • Im Speziellen Vorträge zu einzelnen Arbeiten/Arbeitsschwerpunkten (Literaturverfilmungen,Historienfilme, Thriller, Sozialdramen, Tragikomödien, Serienformate, Experimentalfilme,Dokumentarfilme, Werbefilme etc.) des Künstlers Peter Patzak
  • Peter Patzaks Werk als wechselseitige Inspiration und Reflexion des nationalen undinternationalen Filmschaffens
  • Das Fernsehspiel als innovatives Experimentierfeld der 1970er Jahre
  • Internationalisierung des österreichischen Filmschaffens (Koproduktionen, Fördermittel etc.)
  • Film als Reflexion des sozial- und gesellschaftspolitischen Wandels
  • Filmische „Grenzüberschreitungen“ / „Tabubrüche“
  • Genregrenzen? - Genrewandel? – Figuren/Stereotypenwandel? (z.B. die Figur des Ermittlers,Repräsentation von „Autoritätspersonen“, Genderstereotype etc.)
  • Berichte aus der Praxis: Werkstattberichte, kooperative Filmarbeit, „Filme-Machen-Lehren“

Die Vorträge sollen die Länge von 30 Minuten nicht überschreiten. Eine Publikation der Beiträge in der Reihe des Archivs der Zeitgenossen (Studien Verlag) ist vorgesehen. Es wird keine Tagungsgebühr eingehoben, Reise- und Aufenthaltskosten werden übernommen.

Abstracts der vorgeschlagenen Beiträge (bis zu 2.000 Zeichen) bitte bis 1. 3. 2020 an Dr. Karin Moser: karin.moser@univie.ac.at

Weitere Informationen: www.archivderzeitgenossen.at